16 November 2023

Von der Kraft einer Berührung. Touch me.

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Sich zur Begrüssung die Hand geben, eine vertraute Umarmung in der Familie, eine liebevolle Hand auf der Schulter: freundliche Berührungen schaffen Verbundenheit und sie tun Körper und Seele gut. Es soll sogar so sein, dass Menschen, die häufig Berührungen erleben, weniger an Herz Kreislauferkrankungen leiden und insgesamt gesünder sind. Quartierplus wollte von der Berner Shiatsu Therapeutin Bernadette Schnider wissen, was es mit Berührungen auf sich hat. 

Bernadette, du hast uns von einer Klientin berichtet, bei der du nach zwei Jahren Corona die erste Person warst, der sie die Hand gegeben hat. 

Bernadette Schnider (BS): In dieser Zeit waren viele alte Menschen sehr isoliert, man wollte sie ja vor dem Virus schützen. Berührungen im Alltag, wie ein Händedruck, die Berührungen am Kopf beim Coiffeur oder eine stützende Hand bei einer Treppe, die fielen plötzlich weg. Die Klientin war eine sehr alte Dame, die unter Schmerzen litt und zu mir in eine Shiatsu Behandlung gekommen ist. Sie war zu Beginn zögerlich und auch etwas unsicher, sich einfach hinzulegen und darauf zu vertrauen, dass ich sorgfältig arbeite. Sie konnte sich jedoch rasch entspannen und hat die Berührungen genossen. Es war auch für mich als Therapeutin im wahrsten Sinn des Wortes ein sehr berührender Moment, ich wurde mir aber auch der Verantwortung bewusst, die bei mir als Körpertherapeutin in solchen Momenten liegt.

Säuglinge, die keine Berührungen erfahren, werden krank oder sterben sogar. Brauchen wir unser ganzes Leben lang Berührungen, um gesund zu bleiben?

Menschen sind soziale Wesen, die Kontakte brauchen. Wir möchten gesehen werden, wir möchten uns austauschen und in Kontakt mit anderen treten. Berührungen sind nebst dem verbalen Austausch Teile dieses Kontaktes und dieses Gesehen werden. Bei einem Säugling ist es nochmals eine andere Dimension, da es hier vor allem auch um Schutz und letztendlich um ein Überleben geht. Ein Säugling baut die Erfahrungen der Berührungen erst auf. Man weiss heute und es ist auch in Studien bewiesen, dass Berührungen wesentlich zu einem Wohlbefinden beitragen. Es gibt verschiedene Ausrichtungen der Körpertherapien, die sich diesen Effekt zunutze machen. 

Können «professionelle» Berührungen von TherapeutInnen oder von Pflegefachpersonen vertraute Berührungen ersetzen, z.B. nach dem Tod des Partners? 

Es gibt nichts, dass einen geliebten Menschen ersetzen kann. Berührungen können jedoch Trost spenden und ich lade dazu ein, auch den Mut zu haben und neue Berührungsformen in einer Therapie auszuprobieren. Das Angebot an Körpertherapien ist gross und es lohnt sich, sich zu informieren und einfach auszuprobieren und zu schauen, was gefällt und stimmig ist. Shiatsu beispielsweise wird über den Kleidern angewendet, was für viele Menschen die Hürde etwas niedriger macht. Andere hingegen geniessen eine Massage direkt auf der Haut. Gerade nach dem Verlust eines Partners, einer Partnerin können therapeutische Berührungen eine wichtige Unterstützung in der Trauerarbeit sein. 

Berührungen, insbesondere Massagen, werden oft mit Erotik in Verbindung gebracht. Worauf achtest du in einem therapeutischen Setting?

Es ist wichtig, dass zu Beginn das Anliegen des Klienten, der Klientin, genau erfragt wird. Es kann durchaus sein, dass das Bedürfnis nach Erotik besteht und das ist auch in Ordnung, dann bin ich jedoch nicht die richtige Person dafür. Und dies würde ich auch deutlich machen. Ich lege grossen Wert darauf, die Bedürfnisse meiner Klientinnen und Klienten gut zu erfassen. So frage ich am Anfang der Sitzung z.B. immer ab, ob es Körperstellen gibt, die – heute - nicht berührt werden sollten und auch während der Therapie frage ich nach, wie sich die Berührungen anfühlen. Die Absicht der Person, die einen berührt, ist für die betroffene Person spürbar. Als Therapeutin oder auch als Pflegefachperson ist es wichtig, dass man sehr sorgfältig darauf achtet, ob die berührte Person in Kontakt treten möchte.  

Dennoch mögen es nicht alle Menschen, berührt zu werden oder sie leben allein und haben niemanden, der ihnen einen wohltuenden Körperkontakt ermöglicht. 

Werden wir auf eine sanfte und wohltuende Weise berührt, schüttet unser Körper das Bindungshormon Oxytocin aus. Und richtig vermutet, ist es sehr individuell, nicht alle haben das Gleiche gern und dies hängt auch mit der Biografie zusammen. 
Unser Körper speichert ganz viele Berührungen ab. Hat z.B. jemand eine schlechte Erfahrung gemacht, kann das im Körper abgespeichert bleiben. Berührungen an dieser Stelle werden dann als unangenehm oder sogar als unerträglich empfunden, weil der Körper jedes Mal die Erinnerung abruft. Ich habe mit einer Klientin gearbeitet, die Schlimmes erlebt hat und die sich in ihrem Körper wie in einem Panzer gefühlt hat. Eingeengt, gefangen, aber gleichzeitig auch geschützt. In der Therapie hatte sie zu Beginn Angst davor, den Panzer fallen zu lassen, sie hatte Angst vor ihren Gefühlen. Der geschützte Rahmen der Therapie gab ihr jedoch Sicherheit, sie fühlte sich getragen und geborgen und konnte immer mehr loslassen. Auf die Weise kann eine Körpertherapie einen psychischen Prozess gut unterstützen. 

Kinder und Berührungen. Wie gehen wir respektvoll miteinander um?

Weil dieser Blog von Menschen gelesen wird, die vielleicht Eltern, Tante, Onkel oder Grosseltern sind, liegt mir ein Punkt noch  besonders am Herzen: Es ist enorm wichtig, dass Kinder eine für sie unangebrachte Berührung zurückweisen dürfen. Kein Kind muss der Tante oder dem Grossvater Küsschen geben, wenn es dies nicht möchte. Es ist wichtig, dass Kinder erfahren dürfen, dass ihre Grenzen respektiert werden. 

Das berührt und tut gut:

  • Beziehungen und Freundschaften pflegen: Tanzen, Spielen, Singen, Diskutieren und miteinander in Kontakt treten.
  • Einem Tier sanft übers Fell streicheln: Das Bindungshormon Oxytocin wird dabei übrigens auch beim gestreichelten Tier ausgeschüttet, wenn es die Berührung geniesst.
  • Eine Massage: Die Qualität der Berührung ist dabei entscheidend und es wichtig, dass man selbstbestimmt seine Bedürfnisse einbringt.
  • Die Seele berühren: Auch Filme, ein Duft, ein Konzert, ein Buch können uns an der Seele berühren und Trost spenden. 
  • Wenn die Worte fehlen: Berührungen können helfen, wieder miteinander in Kontakt zu treten. 

Was sind Körpertherapien?

Der Begriff Körpertherapie umfasst verschiedene therapeutische Methoden wie z.B. Osteopathie, Cranio-Sacral Therapie, Feldenkrais, Atemtherapien, Akupunktur und verschiedene Formen der Massage. Bei allen Therapien wird über die Arbeit mit dem Körper versucht, das seelische und körperliche Gleichgewicht wieder herzustellen.
Shiatsu Therapie stammt aus Japan und heisst wörtlich übersetzt «Fingerdruck». Shiatsu ist eine achtsame Form der Berührung und energetischer Körperarbeit. Mit sanftem bis kräftigem Fingerdruck entlang der Meridiane können Blockaden und Verspannungen gelöst werden. Shiatsu ist in der Schweiz eine anerkannte Form von Komplementärmedizin und kann in jedem Alter und in unterschiedlichen Lebenslagen angewendet werden.  

Das Hormon Oxytocin 

Bei einer innigen Umarmung oder einer wohltuenden Massage schüttet unser Körper das Hormon Oxytocin aus. Oxytocin wird deshalb auch Kuschel- oder Bindungshormon genannt. Die bekannteste Wirkung von Oxytocin steht im Zusammenhang der Mütter bei einer Geburt: Es sorgt für die Wehen, den Milcheinschuss aber eben auch für die Bindung zwischen Mutter und Kind. Sehr vereinfacht gesagt, sorgt Oxytocin auf physiologischer Ebene gleichzeitig für eine Reduktion des Stresshormons Cortisol. 

Quelle Foto: freepik

 

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