14 September 2023

Rechtsfragen: Grundstücke übertragen – wann und wie?

Paarszene

Bei der Frage nach dem besten Vorgehen, um Grundstücke auf die nächste Generation zu übertragen, spielen zwei Faktoren oft eine wichtige Rolle. Das Grundstück soll vor «dem Zugriff des Staates» geschützt werden, d.h. das eigene Haus soll nicht zur Finanzierung des Altersheims dienen und das Grundstück bildet häufig den sowohl monetär als auch emotional wertvollsten und folglich auch streitanfälligsten Teil des künftigen Nachlasses. Entsprechend wichtig ist eine frühzeitige Regelung. Wir zeigen Ihnen nachfolgend, worauf Sie besonders achten sollten, wenn Sie eine entsprechende Planung angehen.

Übertragung zu Lebzeiten oder von Todes wegen – welche Option passt für mich?

Sowohl eine Übertragung zu Lebzeiten als auch eine Regelung auf den Tod hin, also in einem Testament oder einem Erbvertrag, sind möglich. Die ideale Lösung ist stets von den konkreten Umständen im Einzelfall abhängig.

Eine Übertragung zu Lebzeiten kann dann sinnvoll sein, wenn die Eltern das Haus, z.B. aufgrund der Grösse, nicht mehr selbst bewohnen möchten und die nächste Generation Interesse daran hat. Aber auch wenn das Haus über den dereinstigen Tod der Eltern hinaus unbedingt in der Familie verbleiben soll, kann die lebzeitige Übertragung sinnvoll sein, selbst wenn die Eltern das Haus vorläufig noch selbst bewohnen möchten. Die Bewohnung kann mittels Wohnrecht oder Nutzniessung sichergestellt werden. Das Wohnrecht berechtigt eine Person, unabhängig vom Eigentum lebenslang in der Liegenschaft zu wohnen. Das Nutzniessungsrecht geht noch einen Schritt weiter und berechtigt die Person, zwischen der eigenen Wohnnutzung und der Vermietung und Einnahme der Erträge zu entscheiden. Die Nutzniessung kann deshalb ein Instrument sein, um den Eltern auch nach Auszug aus der Liegenschaft ein zusätzliches Einkommen zu den Altersrenten zu sichern.

Wollen sich die Eltern hingegen die Option offenhalten, das Haus später zu Gunsten einer altersgerechten Wohnung zu verkaufen, sollte von einer zu frühen Übertragung zu Lebzeiten abgesehen werden.

Übertragung des Grundstücks und Ergänzungsleistung – was ist sinnvoll?

Häufig wird uns die Frage gestellt, ob eine Übertragung zu Lebzeiten im Hinblick auf den Anspruch auf Ergänzungsleistungen sinnvoll sei. Anspruch auf Ergänzungsleistung zur AHV hat, wer durch die Renten die minimalen Lebenskosten nicht decken kann und dies auch nicht aus dem Vermögen tun kann. Doch der Anspruch besteht nicht bedingungslos.

Beispiel:

Britta und Peter übertragen ihre Liegenschaft schenkungsweise auf ihre Tochter, Anne. Die Liegenschaft hat im Schenkungszeitpunkt einen Wert von CHF 1 Mio. Zwei Jahre später stellen sie Antrag auf Ergänzungsleistungen, da ihre Rente nicht ausreicht, um ihre Lebenskosten zu decken und sie kaum über Erspartes verfügen. Der Antrag wird mit der Begründung abgelehnt, Britta und Paul hätten durch die Schenkung der Liegenschaft auf Vermögen verzichtet. Ihnen wird deshalb das verschenkte Vermögen aufgerechnet, d.h. es wird ihnen ein hypothetisches Vermögen im Umfang der Schenkung abzüglich CHF 10'000 pro Jahr seit der Schenkung angerechnet, wodurch sie die Bedingungen für den Anspruch auf Ergänzungsleistungen zur AHV nicht mehr erfüllen. In unserem Fall wird Britta und Peter ein Vermögen von CHF 980'000 angerechnet, weshalb ihnen zuzumuten ist, ihre Lebenskosten selbst zu decken.

Eine frühzeitige unentgeltliche oder überwiegend unentgeltliche Übertragung der Liegenschaft ist aus Sicht der Ergänzungsleistungen nach geltendem Recht somit kein Vorteil mehr.

Welche Gestaltungsmöglichkeiten habe ich bei der Übertragung?

Bei einer lebzeitigen Übertragung des Grundstücks auf die Nachkommen gibt es diverse Gestaltungsmöglichkeiten. Häufig wird die Liegenschaft im Rahmen einer Schenkung oder einer sog. gemischten Schenkung, das heisst zu Preis unter dem Marktwert, übertragen. Solche Vorgänge werden grundsätzlich als Erbvorbezug behandelt. Das bedeutet, dass sich die begünstigte Person den Wert des Grundstücks an den eigenen Erbteil anrechnen lassen und u.U. gegenüber den übrigen Erben ausgleichen muss. Eine solche Anrechnung kann jedoch auch explizit ausgeschlossen werden, wobei die Pflichtteile der übrigen Erben nicht verletzt werden dürfen. Selbstverständlich ist auch ein «normaler» Verkauf an die Nachkommen möglich, d.h. die Übertragung der Liegenschaft zum Verkehrswert.

Bei einer Übertragung von Todes wegen ist eine Regelung in einem Testament oder einem Erbvertrag möglich, wobei Letzterer den Vorteil mit sich bringt, eine Lösung mit allen Beteiligten zu finden und das Risiko eines späteren Erbstreits zu minimieren.

Wichtig ist in beiden Fällen, sich ausführlich beraten zu lassen, da sich sowohl eine lebzeitige Übertragung wie auch eine erbvertragliche Regelung nicht ohne weiteres rückgängig machen lassen.

Über die Autorinnen

Beide Autorinnen sind bei der Walder Wyss Rechtsanwälte AG tätig. Für weitere rechtliche Fragen verweisen wir Sie direkt an die juristischen Fachpersonen Frau Christine Glättli (Rechtsanwältin und Notarin) oder Frau Stephanie Eggimann (Rechtsanwältin).

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