30 Mai 2024

Weiterarbeiten – über das Pensionsalter hinaus

Zwei Männer bei der Arbeit

Was spricht dafür und was dagegen, im Pensionsalter einer Lohnarbeit nachzugehen? Ein Forschungsteam des Instituts Alter der Berner Fachhochschule (BFH) befasst sich im Rahmen des Projekts «Erwerbstätigkeit im Rentenalter» mit diesen Fragen.

Die Schweiz weist mit 85,7 Jahren für Frauen und 81,6 Jahren für Männer weltweit eine der höchsten durchschnittlichen Lebenserwartungen bei Geburt auf. Immer mehr Menschen erreichen ein hohes Alter, während die Geburtenrate niedrig bleibt. Diese demographische Lage stellt auf individueller und gesellschaftlicher Ebene eine Herausforderung dar. So wird insbesondere auch der Arbeitsmarkt stark von den sich verändernden Altersstrukturen beeinflusst. Da die zahlenstarke Babyboom-Generation zwischen 2015–2035 das Rentenalter erreicht, verschärft sich der bereits bestehende Fachkräftemangel zusehends und der Druck auf die staatliche Altersvorsorge wächst. Die Erwerbstätigkeit nach dem Rentenalter erhält daher besonders hohe Aufmerksamkeit. Einerseits entspricht sie einem zunehmenden Bedürfnis von älteren Menschen. Andererseits könnte sie den Fachkräftemangel lindern und zur Stabilisierung der finanziellen Altersvorsorge beitragen.

Möglichkeiten und Hindernisse

Doch wo liegen die Motive, Ermöglichungsfaktoren und Hindernisse für die Weiterarbeit im Rentenalter? Ein Forschungsteam des Instituts Alter der BFH untersucht in der Studie «Erwerbstätigkeit im Rentenalter» (Laufzeit 2021–2024) die bezahlte Arbeit nach der Pensionierung. Dabei werden die gesetzlichen Regelungen, die Arbeitsmodelle für Arbeitnehmende im Alter 65+ und die individuellen Vorstellungen von Menschen rund um das Rentenalter analysiert. Im Projekt gilt dem Ingenieurswesen als beispielhafte Berufsgattung ein besonderes Augenmerk. Es ist vom Fachkräftemangel besonders stark betroffen und zeichnet sich durch eine geringe berufliche Mobilität aus, denn IngenieurInnen verfügen über eine sehr spezifische Ausbildung und bleiben ihrem angestammten Berufsfeld oft treu. Gleichzeitig ist das Potenzial für Quereinstiege gering. Das macht eine fortgesetzte Erwerbstätigkeit über das Pensionsalter hinaus umso bedeutsamer.

Individuelle Faktoren und Anreizsysteme

Die Ergebnisse einer ersten umfangreichen Literaturanalyse weisen auf die verschiedenen individuellen Faktoren hin, die beeinflussen, ob die Erwerbstätigkeit nach der Pension weitergeführt oder beendet wird: Dazu gehören das soziale Umfeld, die finanzielle Situation, die persönliche Arbeitsgestaltung, der Gesundheitszustand sowie frühere Lebensentscheidungen wie z.B. die Familiengründung oder Weiterbildungen.

Das Forschungsprojekt will nicht nur den Hürden auf die Spur kommen, die aus Sicht der Mitarbeitenden und der Arbeitgebenden einer Weiterbeschäftigung im Weg stehen, sondern auch die verschiedenen Möglichkeiten zu deren Senkung identifizieren. Dazu werden fünf Good-Practice-Beispiele der Weiterbeschäftigung von IngenieurInnen im Rentenalter im Rahmen von Fallstudien näher beleuchtet.

Gesetzliche Möglichkeiten ausschöpfen

Doch nicht nur die individuellen und arbeitgeberseitigen Voraussetzungen prägen die Erwerbstätigkeit im Rentenalter. Sie ist auch von gesetzlichen Regelungen im Bereich der AHV und der beruflichen und privaten Altersvorsorge abhängig. Dabei gilt es einiges zu beachten, um ohne finanzielle Einbussen im Rentenalter erwerbstätig zu sein. Zwar schafft die AHV 21 neue Kombinationsmöglichkeiten von Erwerbstätigkeit und Rentenbezug. Doch sind damit die Optionen zur fortgesetzten Erwerbstätigkeit auf gesetzlicher Ebene bereits ausgeschöpft? Um diese Frage zu klären, befragt das Forschungsteam internationale ExpertInnen und zeigt im Rahmen dreier Fallstudien auf, mit welchen staatlichen Massnahmen andere Länder die Weiterbeschäftigung über das Pensionsalter hinaus fördern. Dadurch können weitere konsensfähige und damit für die Schweiz besonders geeignete Reformmöglichkeiten benannt werden.

Zu den Produkten des Projekts, das 2024 abgeschlossen wird, gehören neben einem Literaturreview auch eine Forschungsagenda für die Schweiz sowie eine Broschüre mit anschaulichen Porträts von Erwerbstätigen 65+. Die Resultate werden dazu beitragen, die Bedürfnisse der heterogenen Zielgruppe im Pensionsalter besser zu verstehen und eine tragfähige Grundlage für einen konstruktiven Dialog zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden zu schaffen, der die Möglichkeiten zum Verbleib im Arbeitsmarkt mehren kann.

Quelle: Erstpublikation des Artikels auf GERONTOLOGIE CH. Zweitabdruck mit Genehmigung von Michelle Bütikofer, Karen Torben-Nielsen, Peter Neuenschwander, Jonathan Bennett und Susanne Kast der Berner Fachhochschule Departement Soziale Arbeit.

 

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